Unternehmenskommunikation 2.0: Anarchie oder zielgerichtetes Informationsmanagement?
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Der Kommunikationschef des Automobilzulieferers war ziemlich überrascht, nachdem ich mit ihm zusammen den Namen seiner Firma in Twitter eingegeben hatte: Einige Dutzend Male wurde in den letzten drei Tagen dazu getwittert – von Händlern, von Aktienexperten, von Branchenreportern und von Mitarbeitern. Keine dramatischen News, aber eben doch Informationen, die zum Image des Unternehmens beitragen. Ähnliches Bild auf Facebook: Zu einem bestimmten Produkt gibt es zwei Fangruppen, die Mitarbeiter an einem der Standorte haben sich zu einer Freizeitgruppe zusammengeschlossen, die Kollegen der US-Landesgesellschaft sind eifrig am Posten … Es tut sich also was, obwohl der Kommunikationsprofi der Meinung ist, dass sich Web-2.0-Plattformen für seine Themen nicht anbieten. Seine Kollegen sind aber offenbar anderer Meinung und publizieren eifrig in sozialen Netzen und in Foren. Risiko? Chance?
Definitiv eine Chance, wenn Social Media richtig im Unternehmen eingeführt werden. Natürlich wollte mein Gesprächspartner dann auch gleich wissen, wie das am besten gelingt. Nur: Ein Patentrezept für den Start in Social Media gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind Unternehmenskulturen, Produkte oder Dienstleistungen und Kunden und Interessensgruppen (Stakeholder). Ganz grob jedoch lässt sich eine Einführung in folgende Stufen einteilen:
- Strategieentwicklung
Was soll durch den Einsatz von Web-2.0-Technologien erreicht werden? Welche Ziele werden verfolgt? In welchem Zeitraum? Wen will ich ansprechen? Und welche Ressourcen stehen bereit?
- Information
Mitarbeiter müssen die Funktionsweisen sozialer Medien kennen – für den privaten und für den geschäftlichen Einsatz. Sie müssen mit den relevanten Plattformen vertraut sein. Sie müssen Vertrauen aufbauen, Erfahrungen sammeln, Spaß gewinnen.
- Social Media Guidelines
Was darf ein Mitarbeiter über seine Unternehmen twittern und was nicht? Wie soll er sich auf Businessplattformen à la Xing darstellen? Wo sind die Grenzen zwischen Dienstlichem und Privatem? Diese Dinge sind in den Guidelines geregelt, die die Leitplanken für die Web-Aktivitäten darstellen – zum Schutze des Unternehmens und zum Schutz des Mitarbeiters.
- Auswahl geeigneter Plattformen
Nun geht es daran, die zum Unternehmen passenden Plattformen auszuwählen, um die Zielgruppen möglichst gut zu erreichen. Das kann Facebook sein, um ganz viele Menschen anzusprechen; dies kann aber auch ein Blog sein, der sich ausschließlich an die 15 Schlüsselkunden richtet.
- Content generieren
Themen gibt es in Unternehmen meist genug. Die Kunst besteht darin, sie zu identifizieren und sie zielgruppen- und mediengerecht aufzubereiten. Wichtig ist ein Redaktionsplan, der Themen und Autoren festlegt.
- Festlegung der Workflows
Soziale Medien sind schnell. Für manche Unternehmen brutal schnell. Anfrager wollen zügig eine Antwort, am liebsten in Echtzeit. Rasches Agieren und Reagieren verlangt eingeführte Prozesse, verteilte Verantwortlichkeiten, willige und befähigte Zulieferer von Informationen.
- Community-Aufbau
Wer empfängt die Unternehmensnachrichten eigentlich? Hier muss das Unternehmen sich erst einmal ein Publikum verschaffen, indem es seinen Blog promotet, seine Twittergefolgschaft aufbaut und Freunde für seine Facebookseite wirbt. Strategischer Aufbau ist angesagt: Hier geht es nicht um Masse, sondern um die Qualität der Community-Mitglieder.
- Doing
Social-Media-Aktivitäten müssen langfristig angelegt sein. Das Vertrauen der Community muss man sich erst einmal erarbeiten. Unbeantwortete Fragen aus der Community sind ein schlechtes Zeichen, ein verwaister Blog wirkt verheerend.
Einführung von Web 2.0 im Unternehmen ist ein Projekt. Es ist aber darüber hinaus ein ganz grundlegender Kulturwandel – und daher ein Change-Thema. Der Kommunikationschef des Automobilzulieferers ahnte bei seinem ersten Ausflug ins Mitmach-Web vielleicht schon, dass er das Informationsmonopol bereits verloren hat. Zu viele Schnittstellen „nach außen“ gibt es inzwischen, und die kann er nicht mehr kontrollieren. Das muss er auch nicht, wenn er die Kollegen und Mitarbeiter in die Lage versetzt, Social Media zum Wohle des Unternehmens zu nutzen, wenn er sie dazu „enabled“. Keine einfache Aufgabe, aber eine notwendige. Wird es richtig gemacht, eröffnen sich enorme neue Potenziale für die Unternehmenskommunikation, aber auch für das Wissensmanagement, für HR und für die Steuerung der Prozesse und Workflows im Unternehmen. Der Tweet ist erst der Anfang!